Prekäre Lebensverhältnisse haben viele Gründe und sind bei jeder betroffenen Familie unterschiedlich. Aber es gibt Gemeinsamkeiten, wie zum Beispiel familiäre Belastungen durch Krankheiten, eingeschränkte körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit, Schicksalsschläge. Niemand wählt diese Situation aus freien Stücken. Dennoch ist wirtschaftliche Not in unserer Gesellschaft oft gleichbedeutend mit Geringschätzung, Vorverurteilung und Stigmatisierung.
Oft liegen die Ursachen für schwierige Lebensverhältnisse in der Arbeitssituation begründet. Wer in einer Tieflohnbranche arbeitet, keinen Job findet und sich von Praktikum zu Temporärstelle durchhangelt oder nur in einem kleinen Pensum tätig ist, hat keine Möglichkeit, eine stabile Grundlage für sich und die eigene Familie aufzubauen. In der Schweiz gibt es rund 140’000 sogenannte Working Poor – Frauen und Männer, die trotz einem Hundertprozentjob nicht genug verdienen, um die grundlegenden Bedürfnisse ihrer Familie decken zu können.
Das Zusatzrisiko der fehlenden Bildung
Zusätzlich gefährdet sind Männer und Frauen, die bereits in der Schule Schwierigkeiten hatten und diese nur mit viel Unterstützung abschliessen konnten. Oft haben sie es in der Folge auch schwer, eine passende Lehrstelle zu finden und eine berufliche Ausbildung abzuschliessen. Ganz ohne Berufsabschluss oder einzig mit einer Anlehre ausgerüstet, finden sie nur mit Mühe eine fixe und solid entlöhnte Anstellung.
Schicksalsschläge mit Folgen
Alleinerziehende Mütter und Väter haben ein besonders hohes Armutsrisiko. Hier kann zum Beispiel bereits die Erkrankung eines Kindes schnell in eine schwierige Lebenslage führen, die nicht mehr ohne familienexterne Hilfe bewältigt werden kann. Gerade nach einer Scheidung haben es Alleinerziehende zudem schwer, eine passende Wohnung zu finden, deren Miete in ihr Budget passt. Sie sind gezwungen, lange Arbeitswege oder enge Wohnverhältnisse zu akzeptieren. Besonders für Kinder stellt diese ständige Unsicherheit eine grosse Belastung dar. Auch Familien mit drei oder mehr Kindern haben ein erhöhtes Armutsrisiko.
Drohende Verschuldung
Der Grat zwischen «gerade noch durchkommen» und «auf Hilfe angewiesen sein» ist schmal. Rund eine von vier Personen in der Schweiz, die mit Kindern lebt, verfügt nicht über genügend Reserven, um eine unerwartete Ausgabe von 2000 Franken zu tätigen. Das führt unter anderem dazu, dass Eltern mit ihrem kranken Kind keinen Arzt aufsuchen, weil sie den Selbstbehalt der Behandlungskosten nicht bezahlen können. Alle Ausgaben, die nicht absolut zwingend sind, werden vermieden. So auch Ferien.